Nur wenige Themen werden in den deutschen Medien über einen längeren Zeitraum diskutiert. Kaum waren die zahlreichen Diskussionen um den Präsidenten Erdogan, den Putschversuch und seine für den Westen „unvorstellbare“ diktatorische Härte zu Ende gegangen, entfachte wie aus heiterem Himmel der Disput um ein Burka-Verbot in Deutschland. An vorderster Front empörten sich plötzlich Menschen, die noch nie zuvor eine Burka-tragende Muslima in der Öffentlichkeit erblickten. Wer die Nachrichten der letzten Tage verfolgte, der konnte ebenso feststellen, dass der Syrienkrieg neuerdings wieder im Mittelpunkt der hiesigen Medienlandschaft steht. Monate des Schweigens gingen der wieder entflammten Syrien-Propaganda voraus, als hätte es in den letzten Wochen und Monaten keinen Krieg auf syrischem Boden gegeben. Blitzartig sprossen die Meldungen der Presstituierten und ihren politischen Lakaien aus dem Boden der Heuchelei, nachdem die zionistisch-wahhabitische Achse in Aleppo zu bröckeln begann und die Befreiung der Menschen aus dem Joch des Terrorismus greifbar wurde.
Der deutsche Bürger scheint die schleichende Indoktrination der Gesellschaft derweil nicht zu bemerken. Er ertrinkt in den gewaltigen Fluten der Intoleranz und der Angst, die von einigen Wenigen erzeugt wird, um von den eigentlichen Ursachen der Konflikte in der Welt abzulenken. Die vertretenden Parteien, Politiker, Medien sind dabei willenlose Werkzeuge, die – wissentlich oder unwissentlich – instrumentalisiert werden, um die Ressentiments in der Öffentlichkeit weiter anzuheizen. Man fließt mit dem Strom der Masse, resigniert vor den PEGIDAs und Sarrazinen in Deutschland, denn Selbstaufklärung erfordert Zeit und geistige Anstrengung (Dschihad), die der deutsche Sofabürger nicht aufbringen möchte. Lieber hält er engstirnig fest am Schubladendenken, sucht die Distanz statt den Dialog und schafft sich so einen imaginären Feind mit dem Namen „Islam“.
Die Islamophobie und der antiislamische Rassismus in Deutschland steigen ins Unermessliche. Ein Thema, dass von den Medien mit freudiger Bereitwilligkeit ständig aufgegriffen wird und den interkulturellen Dialog vehement erschwert, ist die Frage nach der Gültigkeit und Relevanz des islamischen Rechts (Scharia). So wird den inzwischen seit drei Generationen friedlich in Deutschland lebenden Muslimen vorgeworfen, das Grundgesetz zu missachten, die Rechtsstaatlichkeit nicht zu respektieren und die islamische Scharia über alle geltenden Gesetze zu erheben. Dabei wird mit dubiosen Fragestellungen wie „Qur’an oder Grundgesetz“ und „Scharia oder Demokratie“ eine Zwickmühle erzeugt, in der sich der gutgläubige Muslim verfängt, sofern er sich für eine der beiden Auswahlmöglichkeiten entscheidet. Spricht er sich für das Grundgesetz als höchste, über dem Qur’an stehende Rechtsordnung aus, erntet er Kritik aus den eigenen Reihen. Gesteht er dem Qur’an einen höheren Stellenwert ein, wird er von der nichtmuslimischen, deutschen Bevölkerung als „integrationsunwillig“ abgestempelt. Das Dilemma ist vorprogrammiert.
Liebe Leser und Mitbürger, muss der hierlebende Otto-Normal-Muslim denn ständig zum Ausdruck bringen, dass er, ebenso wie jeder andere Bürger dieses Landes, ein starkes Interesse daran hat, dass Ordnung und Gesetz in seinem Heimatland gewahrt werden?! Mit welcher Rechtfertigung treibt man einen Keil zwischen Muslimen und Nichtmuslimen, verzichtet aber gleichzeitig auf eine Zweiteilung in christliche und nichtchristliche deutsche Bürger? Als wäre ein „anomisches“ Deutschland im Interesse irgendeines deutschen Bürgers, sei er nun religiös oder areligiös. Es werden alte Themen wieder ausgegraben, die als überwunden empfunden schienen, um die Gesellschaft aufs Neue zu spalten und für neuen Zündstoff zu sorgen.
Den Wahrheitsliebenden unter Ihnen sei Folgendes gesagt: Der heilige Qur’an und das deutsche Grundgesetz schließen sich nicht aus. Ebenso wenig die Scharia und die Demokratie. Diese im Westen negativ konnotierten Begrifflichkeiten werden vielmehr von scheinseriösen Fernsehjournalisten bewusst zur permanenten Angsterzeugung missbraucht. Ein friedlicher, interreligiöser Dialog auf Basis der Toleranz und des Respekts ist sicher nicht im Interesse der Mainstream-Medien, die sich von Einschaltquoten und der ständigen Panikmache ernähren. Dieser Dialog wird auch nicht vor den Kameras geführt, sondern in den Vereinen, Gemeinden und Verbänden offenherziger und dialogorientierter Personen und Personengruppen. Gesetzt den Fall, das Grundgesetz widerstreite der islamischen Religion, so gäbe es deutschlandweit nur straffällige (praktizierende) Muslime, die täglich mit dem Gesetz in Konflikt gerieten. Spürbar viele Muslime würden ihre deutsche Heimat verlassen, denn der Islam verpflichtet zur Ausreise, sofern die Gebote des Islams mit den geltenden Gesetzen eines Landes kollidieren. Auch dieses Szenario ist bis dato nicht eingetroffen. Obgleich die Muslime in dem Qur’an das offenbarte Wort Gottes sehen, der heiligen Schrift folglich die höchste Priorität einräumen, ist die Einhaltung der Gesetze des jeweiligen Landes, in dem man residiert, eine islamimmanente Obligation für alle Muslime, dessen Urteil, auf der Basis der zwei Quellen [1] von den höchsten Rechtsgelehrten extrahiert wurde.
Die Einhaltung der landesinternen Gesetze ist für den Muslim also in doppelter Hinsicht obligatorisch: Als Bürger dieses Landes ordnet er sich dem Grundgesetz unter, dem wichtigsten staatlichen Element der deutschen Bundesrepublik. Ferner verpflichtet sich der Muslim mit dem Übertritt zum Islam oder dem Entschluss, in einem nichtmuslimischen Staat zu leben, die Regeln und Vorschriften desselben einzuhalten. Welche anderweitigen Umgangsformen der spießbürgerliche deutsche Muslim im Alltag pflegt, hat den Staat infolge nicht mehr zu interessieren. In seiner individuellen Freiheit hat der Muslim, wie jeder andere Bürger auch, das Recht, sich frei zu entfalten.
Diese Art von Anschuldigungen entbehren also faktisch jeder Grundlage. Weder ist Ihr muslimischer Nachbar feindlich gesinnt, noch gesetzeswidrig, sondern ebenso Opfer einer ansteigenden Anti-Islam-Agitation, eingeschleust in die europäischen Staaten, mit der Intention, die Menschen gegeneinander aufzuwiegeln und vor den eigentlichen Ursachen der Verelendung in der Welt abzulenken. Die Massen werden von der Elite mittels ihrer Apparate stummgeschaltet. Kriege werden von deutschem Boden (Ramstein) in andere Länder getragen, täglich Mordbefehle per Joystick an Drohnen übermittelt, während wir uns öffentlich über einen Imam echauffieren, der seines Sohnes Lehrerin den Handschlag verweigerte. [2] Solange dieser Wahnsinn in der Gesellschaft weitergeht, werden wir weiter wie Schachfiguren in den Händen weniger herumgeführt. Früher waren es die Juden, heute sind es die Muslime und morgen sucht man sich ein anderes Feindbild. Mit einem Burka-Verbot werden wir die Probleme der Welt wahrlich nicht lösen. Um den wahren Feind zu erkennen, müssen wir die monokausale Brille ablegen, differenziert denken und mit Weitsicht handeln. Die Änderung der Gesellschaft geht einer Selbständerung voraus. Denn im Herzen eines Menschen ruht letztlich der Anfang aller Dinge.
*[1] Der Qur’an und die überlieferten Aussprüche des Propheten, der Ahlulbayt und ihrer Gefährten.
*[2] http://www.muslim-markt-forum.de/t1242f2-Wo-sind-die-Haende-in-Deutschland-die-Kerim-Ucar-schuetzen.html